Die Bestände von Uhu und Wanderfalke sind in Hessen, wie in ganz Deutschland seit Jahren stabil ansteigend. Weder Wanderfalken noch Uhus stehen in einer der Gefährdungskategorien der Roten Liste gefährdeter Arten. Die in der Roten Liste für Hessen von 2014 genannten Kurzfrist-Prognosen (25 Jahre) für die Bestände lauten für beide Arten „stark steigend“.

Klettersport hat keinen Einfluss auf die Bestände

Ausweislich der vorliegenden, anerkannten Daten des staatlichen sowie des ehrenamtlichen Vogelschutzes hat der Klettersport unter Einhaltung temporärer Kletterverbote während der Brutperiode keinen Einfluss auf die Bestände oder die Reproduktionsraten. Der Bestand an Wanderfalkenpaaren in Hessen ist heute mehr als sechs Mal so hoch, als vor dem Niedergang durch DDT.

Bestandszahlen für Uhu und Wanderfalke in Hessen

Bestandsentwicklung von Uhu und Wanderfalke in Hessen. Uhu von 1977 bis 2019, Wanderfalke von 1983 bis 2019
(ergänzt um den Bestand vor dem Niedergang nach Angaben von Brauneis aus derselben Quelle).
Quelle: Brauneis, W. (2020): „Zur Situation von Uhu (Bubo bubo) und Wanderfalke (Falco peregrinus) in Hessen“; in: Jahrbuch Naturschutz in Hessen Band 19/2020; Nordhessische Gesellschaft für Naturkunde und Naturwissenschaften e.V. (Herausg.)

§ 44 Bundesnaturschutzgesetz

Der Entwurf des § 36 HeNatG stützt sich auf § 44 des Bundesnaturschutzgesetzes. § 44 BNatschG verbietet unter anderem alle Handlungen, die geeignet sind, wild lebende Tiere der europäischen Vogelarten erheblich zu stören.

Erfreulicherweise überlässt es der Gesetzgeber an dieser Stelle nicht, interessegeleiteten Einzelmeinungen aus dem Vogelschutz zu definieren, was man unter eine „erheblichen Störung“ zu verstehen hat. § 44 Abs 1, Satz 2 liefert diese Definition gleich mit. Dort heißt es:

(1) Es ist verboten …
2. wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert.

Klettersport außerhalb der Brutperiode ist keine erhebliche Störung

Klettern an Mittelgebirgsfelsen unter Beachtung der allgemein anerkannten Regel, nicht in der Brutperiode an Brutfelsen zu klettern, hat ausweislich der Bestandzahlen der vergangenen 30 Jahre keinen Einfluss auf die Bestände. Das heißt, im Sinne von § 44 BNatschG stellt Klettern an Brutfelsen von Uhu und Wanderfalke keine erhebliche Störung dar, solange nicht in der Brutperiode geklettert wird.

Damit ist der im Entwurf des § 36 HeNatG festgelegten Sperrungsregelung von pauschal zehn Monaten für alle Uhu- und Wanderfalkenbrutfelsen zumindest in Bezug auf den Klettersport außerhalb der Brutzeit die Begründung entzogen.

Junguhus

10 Monate Sperrung – ohne Evidenz, ohne Beleg, ohne Beispiel

Die pauschale Sperrfrist zum Schutz von Uhu- und Wanderfalkenbrutplätzen über zehn Monate ist ohne Beispiel. Es gibt keine Forderungen seitens des Vogelschutzes, die Sperrfrist für diese beiden Arten auf das Doppelte des normal-üblichen auszudehnen. Es gibt nirgends eine vergleichbare Sperrungsregelung an einem Uhu- oder Wanderfalkenbrutfelsen. Der europaweite Standard für Uhu-Brutfelsen sowie der weltweite Standard für Wanderfalken-Brutfelsen beschränkt sich auf fünf- bis siebenmonatige von Januar/Februar bis Juli/August.

Uhus und Wanderfalken mit Schwarzstörchen in einen Topf geworfen

Da im Entwurf des § 36 HeNatG neben Uhu und Wanderfalke an erster der Stelle der Schwarzstorch genannt wird sowie Rotmilane, liegt die Vermutung nahe, dass es bei den Sperrungsparametern vorrangig um den Schwarzstorch ging. Die extrem störungssensiblen Waldbewohner sind im Gegensatz zu Uhu und Wanderfalke tatsächlich im Bestand gefährdet. Das macht zumindest großräumigere Sperrzonen plausibel. So gibt es denn auch durchaus Beispiele für Sperrzonen mit 300m Radius um Schwarzstorchhorste, z.B. im Thüringer Naturschutzgesetz.

Die pauschale und undifferenzierte Übetragung von Sperrungsparametern, die für den Schwarzstorch ggf. Sinn ergeben, auf andere Arten, ergibt naturschutzfachlich natürlich keinen Sinn. Die weit weniger störungsempfindlichen, sehr flexiblen und nicht gefährderten Arten Uhu und Wanderfalke müssen selbstredent ebenso artspezifisch geschützt werden. Zehmonatiger Kletterverbote bedarf es dazu aber nicht.

Unsere Forderungen

  • Die in Hessen weit verbreiteten und nicht als gefährdet eingestuften Arten Uhu und Wanderfalke sind aus § 36 HeNatg herauszunehmen
  • Grundsätzlich sind Sperrungszeiträume an Brutfelsen auf die jeweils artspezifischen Brutzeiträume zu begrenzen