Am 2. Dezember erreichte die IG Klettern Rhein-Main eine erschreckende Information: Den wichtigsten Kletterfelsen in Südhessen, den Steinbrüchen Hainstadt, Heubach und Silberwald drohen weitreichende Kletterverbote.

Hessische Landeregierung plant neues Naturschutzgesetz

Die Hessische Landesregierung plant aktuell eine Novellierung des Hessischen Naturschutzgesetzes (HeNatG). Ein Entwurf des Gesetzes wurde am 4. November 2022 im Kabinett verabschiedet und in das sog. Verbändeanhörungsverfahren gegeben.

Dieser Gesetzesentwurf enthält einen neuen $ 36 zum Schutz horstbewohnender Großvogelarten. Würde dieser so rechtskräftig, wie im Entwurf formuliert, hätte dies weitreichende Konsequenzen für den hessischen Klettersport:

§ 36 Schutz horstbewohnender Großvogelarten

(1) Unbeschadet weiterer Rechtsvorschriften ist es in der Zeit vom 1. Dezember bis 30. September verboten, Horstbäume und Brutfelsen von Schwarzstörchen, Rotmilanen, Uhus und Wanderfalken zu besteigen oder diese in einem Umkreis von 300 Metern in ihrer Funktion als Fortpflanzungs-, Brut-, Aufzucht- und Ruhestätten durch Aufsuchen, Filmen, Fotografieren, den Einsatz von Drohnen oder vergleichbare störende Handlungen zu gefährden.

Hainstadt, Heubach Silberwald vor dem Aus?

Klettern im Steinbruch Heubach

Die in diesem Paragraphen formulierte Vorschrift zum Schutz von Schwarzstörchen, Rotmilanen, Uhus und Wanderfalken hätte für das Klettern in den Steinbrüchen des nördlichen Odenwalds verherende Konsequenzen! In allen drei Steinbrüchen, in Hainstadt, in Heubach sowie im Silberwald brüten seit Jahren (Heubach, Silberwald) oder in der Vergangenheit (Hainstadt – bis zur Vetreibung durch den Uhu) Wanderfalken. Der neue § 36 würde die bestehenden Regelungen mit Sperrungen allein während der Brutzeit im Frühjahr außer Kraft setzen und durch eine pauschale zehnmonatige Sperrung ersetzen. Nur noch im Oktober und November dürfte zukünftig geklettert werden. Aufgrund der üblichen Witterung im Herbst käme dies einem totalen Kletterverbot gleich.

Verbändeanhörungsverfahren läuft

Aktuell läuft das Verbändeanhörungsverfahren. Dazu wurden rund 50 Organisationen, Verbände und sonstige Vertreter öffentlicher Belange zur Abgabe von Stellungnahmen aufgefordert. Den Klettersport vertreten das Kuratorium für Sport & Natur mit seinen Mitgliedsverbänden IG Klettern, Naturfreunde und Deutscher Alpenverein sowie der Landessportbund Hessen mit den Hessischen DAV-Sektionen.

Das Verfahren ist terminiert auf den 30. Dezember 2022. Bis dahin müssen alle Stellungnahmen im Hessischen Umweltministerium vorliegen.

Stellungnahme der IG Klettern und Naturschutz in Rhein-Main

Unter großem Zeitdruck hat die IG Klettern Rhein-Main in den vergangenen Tagen eine umfangreiche Stellungnahme zum Entwurf des § 36 HeNatG verfasst. Diese wird nun über den IG Klettern Bundesverband und das Kuratorium Sport & Natur beim Hess. Umweltministerium eingereicht.

Gesetzgebungsverfahren und Einflussmöglichkeiten

Das Gesetzgebungsverfahren verläuft im weiteren ungefähr wie folgt:

  • Das Hess. Umweltministerium wertet die eingagenen Stellungnahmen aus und entscheidet, daraufhin den Entwurf des Gesetzestextes zu verändern oder nicht
  • Nach Abschluss der Auswertung der Stellungnahme und ggf. Überarbeitung des Gesetzesentwurf geht dieser noch einmal in die Ressort-Abstimmung der Ministerien
  • Das Kabinett entscheidet, das Gesetz zur Beratung und Verabschiedung in den Landtag einzubringen
  • Nach Beratung (Debatte im Parlament) entscheidet der Landtag

Wir gehen davon aus, dass sich dieser Prozess noch bis mindestens Februar 2022 hinziehen wird. Das gibt uns, das gibt jedem Kletterer, jeder Kletterin die Möglichkeit, auch selbst Einfluss zu nehmen. Dazu wendet Ihr Euch am besten an Eure gewählten Wahlkreisabgeordneten oder auch an die fachpolitischen Sprecher der Landtagsfraktion für Umwelt und für Sport.

Argumentative Hilfestellung und geeignete Adressen stellen wir Euch in den nächsten Tagen hier zur Verfügung. Es erfordert zwar von jedem einzelnen von Euch etwas Überwindung und Zeiteinsatz. Aber der Einsatz wird sich lohnen. Immerhin – und das ist Euer Vorteil – Ihr seid nicht an Fristen gebunden.